Wien - Die österreichischen Notenbanker haben derzeit wirklich alle Hände voll zu tun. An der Bankenfront angesichts der Wirtschaftslage sowieso - und nun werden sie auch noch von einer veritablen Affäre in der Banknotendruckerei (Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH; OeBS) durchgerüttelt.
Wochenlange Prüfungen durch die interne Revision der Nationalbank (OeNB), der eine Untersuchung durch Wirtschaftsprüfer Peter Wundsam folgte, ergaben schwerwiegende Vorwürfe gegen (ehemalige) OeSB-Manager. Der Verdacht: die Zahlung von Schmiergeldern von 14 Mio. Euro, um Aufträge aus Syrien zu bekommen. Zusätzlich sind den Prüfern "unübliche Aufwendungen" in den Büchern aufgefallen.
Rascher Abgang
Anfang dieser Woche hat der OeSB-Aufsichtsrat die beiden Geschäftsführer und eine Vertriebsmanagerin der Druckerei, die Euro-Banknoten ebenso herstellt wie Banknoten für Auftragsgeber aus aller Welt, entlassen bzw. zum einvernehmlichen Abgang bewegt. Zudem hat man Anzeige erstattet, beides hat die OeNB am Freitag bestätigt.
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt nun wegen Verdachts auf Untreue und Verstoß gegen Auskunftspflichten (etwa gegenüber dem Aufsichtsrat) gemäß GmbH-Gesetz. DER STANDARD betont, dass die Unschuldsvermutung gilt; die Ex-Geschäftsführer wollten nicht Stellung nehmen.
Aufgeflogen ist das Ganze nach Malversationen in der Münze Österreich. Die OeNB hat daraufhin beschlossen, alle Töchter von der internen Revision durchleuchten zu lassen - so auch die Druckerei. Prüfzeitraum: ab 2008.
Bei Durchsicht der Unterlagen stießen die Prüfer auf Buchungsbelege, die immer nur ein- und derselbe Manager unterschrieben hatte - und die höchst "unübliche" Inhalte hatten. Nicht nur waren Spesen verbucht, die "auf extrem hohe Reisetätigkeiten" schließen ließen.
Auch Ausgaben für eine Wohnungseinrichtung in Rumänien (inkl. Kühlschrank) erregten die Aufmerksamkeit der Prüfer - ganz zu schweigen von stabilitätsfördernden Aufwendungen für Viagra. Summa summarum belaufen sich diese recht unorthodoxen Spesenabrechnungen auf bis zu 600.000 Euro.
Dubiose Zahlungsflüsse
Davon abgesehen fanden die Revisoren im Auslandsgeschäft Belege für verdächtige Vertriebsprovisionen. Die Zahlung solcher Provisionen für die Herbeischaffung internationaler Aufträge ist in der Banknotenhersteller-Branche an sich nichts Unübliches oder Illegales. Im konkreten Fall aber sind die Zahlungsflüsse sehr aufwändig gestaltet. An die 14 Mio. Euro flossen aus Richtung OeBS am Wiener Otto-Wagner-Platz über diverse Konten in Europa in Richtung Arabien. Und laut OeBS-Prüfern sind sie "eindeutig" motiviert und zuzuordnen: Sie sollen im Zusammenhang mit Banknoten-Druckaufträgen aus Syrien stehen, die die Wiener Druckerei 2008 und 2009 an Land gezogen hat. Die entsprechenden Konten sollen nun von der Staatsanwaltschaft geöffnet werden.
Der OeBS-Aufsichtsrat unter Notenbank-Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek ist "von dieser Art der Geschäftsabwicklung in der Druckerei nicht informiert worden. Wir hoffen auf rasche Aufklärung, wollen wissen, wo das Geld hingeflossen ist", sagt er.
Die Druckerei wird nun interimistisch von zwei OeNB-Managern geleitet. Und: Ab 1. November hat sie eine Generalsekretärin: Martina Gerharter, bis dato Chefin des Zentralbetriebsrats der Nationalbank.